Von Indoor-Trails, Baumrinde und Instafame

10 Wander-Fakten, die du bestimmt noch nicht kanntest

Von wegen Rentnersport: Wandern ist wieder cool und auch bei jungen Menschen immer beliebter. Fast jeder zweite Deutsche gibt an, gerne zu wandern. Aber: So weit verbreitet das Natur-Hobby auch ist – wetten, diese kuriosen Fakten rund ums Wandern kennt ihr noch nicht?

1. Wanderlust – ein deutsches Wort wird zum #Instastar

Die deutsche Sprache hat nicht überall den besten Ruf. In nicht-deutschen Ohren klingt die Sprache oftmals aggressiv, fast schon nach Streit. Umso schöner, dass ein urdeutsches Wort jetzt den internationalen Durchbruch geschafft hat. „Wanderlust“ gilt als unübersetzbar und ist mittlerweile ein echter Star auf Instagram! Ganze 30.000.000 Mal findet man den Hashtag unter Fotos von wandernden und reisenden Menschen auf der ganzen Welt.

Übrigens: Oft wird „Wanderlust“ als Synonym für „Fernweh“ verwendet. Aber mal ehrlich: Wanderlust klingt doch viel fröhlicher, oder? Außerdem steckt natürlich das Wort „wandern“ drin. Und damit kommen wir auch schon zum zweiten Wander-Fakt!

2. Essen schmeckt auf Wanderungen bis zu 35 % besser

Wandern und Genuss liegen nah beieinander: In einer Studie fand man heraus, dass Essen beim Wandern um einiges besser schmeckt. Ob das daran liegt, dass man sich extra leckeren Proviant einpackt, oder daran, dass wir uns körperlich anstrengen und die Snacks wie eine Art Belohnung wirken? Was auch immer der Grund ist: Den Probanden der Studie schmeckten vor allem Energieriegel und gefriergetrocknete Lebensmittel gut. Dieser Effekt tritt aber angeblich erst ab einer Bewegungszeit von mindestens 2 Stunden und 40 Minuten ein. Ab 12 Stunden soll sogar Baumrinde schmecken… Hat das mal jemand von euch getestet? Falls nicht: der nächste Mammutmarsch kommt bestimmt.

Zwei einfache und leckere Rezepte für Energieriegel findet ihr hier. 🙂 

3. Rekordhalterin: Alles unter 1000 km ist Pillepalle

Für Christine Thürmer ist Wandern kein Hobby, kein Event, keine „Auszeit“, sondern schlicht und einfach Alltag. Die 52-Jährige hat mittlerweile 45.000 Kilometer zu Fuß zurückgelegt. Einst erfolgreiche Managerin, jetzt Aussteigerin: Die Leichtigkeit beim Wandern, die langen Distanzen und die Trail-Community haben es ihr so sehr angetan, dass sie sich entschied: Das mache ich jetzt einfach immer weiter.

Seit 2007 wandert Christine quasi pausenlos und geht völlig darin auf. Ich persönlich musste schlucken, als ich hörte, dass sie Trails unter 1000 Kilometer gar nicht erst in Angriff nimmt. Vielleicht sollten wir sie mal zum Mammutmarsch einladen. Bestimmt würde sie total fröhlich und munter als Erste ins Ziel kommen, und dann noch ganz entspannt nach Hause wandern.

4. Eine Reise in die Vergangenheit: Schon Rousseau fand Wandern cool!

Wandern ist kein neues Phänomen. Schon in der Romantik, also seit dem 18. Jahrhundert, erfreuen sich die Menschen daran, in der Natur unterwegs zu sein. Vielleicht musstet ihr zu Schulzeiten auch den „Wanderer über dem Nebelmeer“ von Caspar David Friedrich analysieren? (Ich habe es gehasst.) Jedenfalls galten die Berge schon damals als Sehnsuchtsort. Auch der Philosoph Jean Jacques Rousseau stand auf die „romantische Fußreise“. In seiner Autobiographie schreibt er:

„Ein umherwanderndes Leben ist für mich ein Bedürfnis. Eine Fußreise bei schönem Wetter, und in einer schönen Gegend zu machen, ohne Eile zu haben und an deren Ziele meiner etwas Angenehmes wartet, ist von allen Arten zu leben am meisten nach meinem Geschmack“

Können wir nachvollziehen, Jacques. Ob das „Angenehme“, das ihn damals im Ziel erwartete, wohl auch ein Finisher-Bier war? Oder vielleicht eher ein Glas Wein?

Was heute die 18-jährige Lisa ist, die sich nach dem Abi in Australien selbst finden will, gab es früher übrigens auch schon, nämlich als „Wandervogel-Bewegung“. Das waren vor allem Jugendliche, die nach der Schule dem spießigen Elternhaus entkommen und ein selbstbestimmtes Leben führen wollten. Die „Wandervögel“ fanden in der Natur die ersehnte Freiheit und einen Rückzugsort. Bis dann der erste Weltkrieg ausbrach und die Wanderfreuden erst mal ein Ende fanden.

Apropos Krieg: Das Wandern wurde im Laufe seiner Geschichte auch immer wieder politisch instrumentalisiert. Was im Nationalsozialismus als „Ertüchtigung“ der Jugend bezeichnet wurde, diente in erster Linie zur Kriegsvorbereitung.

5. Sag nicht „wandern“, wenn du spazieren gehst!

Das mag kleinkariert wirken, aber die Deutschen nehmen das Thema sehr ernst. Tatsächlich ist hierzulande ganz klar definiert, ab welchem Punkt man wandert – oder ob man eben doch nur in die Kategorie „Spaziergänger“ fällt (auch, wenn wir Mammutmarsch-Menschen uns darüber eigentlich keine Gedanken machen müssen).

Eine Wanderung…

  • dauert mindestens 2 Stunden und 45 Minuten.
  • erfordert eine gewisse Vorbereitung in Form von Routenplanung und Ausrüstung.

 

Ein Spaziergang hingegen…

  • dauert (Überraschung) weniger als 2 Stunden und 45 Minuten, laut Umfragen durchschnittlich aber gerade mal 1 Stunde und 22 Minuten.
  • erfolgt meist spontan und bedarf keiner großen Vorbereitung.

 

6. Von wegen langweilig: Wie wär’s mit einer Themenwanderung?

Wandern boomt mehr als je zuvor. Gefühlt besteht halb Deutschland mittlerweile aus Wanderwegen. Und wem die Natur nicht reicht (kaum vorstellbar, aber das soll es ja geben), der hat die Qual der Wahl: Themenwanderwege sind der Shit! Besonders beliebt (wer hätte das gedacht?) sind hierzulande Bierpfade, die von Brauerei zu Brauerei führen. Wandern und zwischendurch den Durst stillen – das geht natürlich genauso gut auf Weinwanderungen. Aber auch, wenn wir den Alkohol mal beiseitelassen, gibt es super viele Themenwanderungen: Nachtwanderungen, Alpacca-Wanderungen, Barfußwanderungen, Yoga-Wanderungen, Wanderungen für Demenzkranke, und und und…

7. Indoor-Wandern? Was komisch klingt, ist in Singapur möglich

Wer sagt eigentlich, dass Wandern unbedingt im Freien stattfinden muss? Am Changi Airport in Singapur gibt es einen künstlich angelegten Dschungel mit dem größten Indoor-Wasserfall der Welt. Die Anlage befindet sich in einem großen Glasbau, ist super easy mit dem Skytrain zu erreichen und erstreckt sich über 137.000 Quadratmeter. Zugegebenermaßen klingt das nicht gerade nach einer entspannten Auszeit im Grünen. Aber: Für einen Flughafen ist das doch schon ziemlich cool. Bestimmt fühlt man sich nach einem mehrstündigen Aufenthalt viel weniger „matschig“, wenn man seine Zeit auf einem der „Nature Trails“ oder im „Rooftop Garden“ verbracht hat. Und: Angeblich schwirren dort sogar über 1000 Schmetterlinge durch die Lüfte.

8. Wandern verbesssert unsere Aufmerksamkeit

Hast du ihn bemerkt? Den Tippfehler in der Headline? Falls nicht, wird es Zeit, sich die Wanderschuhe zu schnüren und eine Runde (Achtung: mindestens 2 Stunden und 45 Minuten, sonst ist es ein Spaziergang) zu drehen. Studien legen nämlich nahe, dass wir beim Wandern konzentrierter sind!

9. Wandern in Zahlen

Zu guter Letzt noch ein paar interessante Zahlen rund um den beliebten Volkssport:

  • Laut einer Studie des deutschen Wanderverbands bezeichnen sich 70 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung als aktive Wanderer.
  • Auch, wenn Wandern auch bei Jüngeren wieder beliebter wird: Die 55-Jährigen führen die Zielgruppe an.
  • Zusammengerechnet ergeben alle Wanderwege in Deutschland rund 200.000 Kilometer. Um diese Wege kümmern sich 20.000 Wegezeichner, und das ehrenamtlich (DANKE!).
  • Wandern zahlt sich aus: Wanderer geben in Deutschland jährlich acht Milliarden Euro für Lebensmittel, Restaurantbesuche und Übernachtungen aus, wenn sie zu Fuß unterwegs sind.

 

10. Wandern für das „Selfie danach“?

Irgendwie klingt es paradox: Fernab von allem Trubel die einsame Natur genießen, um im Anschluss das perfekte Foto auf Social Media-Kanälen hochzuladen. Laut einer Umfrage würden 36,6 Prozent nicht wandern gehen, wenn sie ihre Wanderung nicht online mit anderen Menschen teilen könnten. Naja. Irgendwie hat das Ganze ja auch etwas Gutes:

Wenn ich durch meinen Instagram-Feed scrolle und mir ein Beitrag von jemandem ins Auge springt, der gerade in der Natur unterwegs ist, inspiriert mich das oft. Ich ertappe mich dann dabei, dass ich denke: „Warum sitze ich gerade drinnen und hänge am Handy? Raus mit dir!“

Vielleicht geht es euch gerade ähnlich? Dann wird es höchste Zeit für eine Auszeit im Grünen. Oder ihr meldet euch einfach gleich für den nächsten Mammmutmarsch an! Enjoy!

Ein Beitrag von Brit Weirich

Quellen:

  • Deutscher Wanderverband (Hg.) (2009): Qualitätsweg Wanderbares Deutschland. Flyer zu den Qualitätskriterien. Herausgegeben von Deutscher Wanderverband.
  • Zukunftsmarkt Wandern. Erste Ergebnisse der Grundlagenuntersuchung Freizeit- und Urlaubsmarkt Wandern, Deutscher Wanderverband (Hg.), Kassel 2010
  • Von der Lust, zu Fuß zu gehen. Christine Thürmer und Martin Schmitz im Gespräch mit Klaus Pokatzky: Deutschlandfunkkultur, Beitrag vom 13.4.2019

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