Schütze, was dir lieb ist: So wanderst du wirklich nachhaltig
Aktuell geht relativ wenig. Clubs, Kinos, Restaurants, Fitnessstudios: Alles geschlossen. Also muss eine Alternative her. Trotz Kontaktbeschränkungen und Lockdown gibt es da etwas, das rund um die Uhr geöffnet hat: die Natur.
Die Coronakrise hat tatsächlich einen riesigen Spazier- und Wanderboom ausgelöst. Das ist natürlich erst einmal positiv. Der plötzliche Outdoor-Enthusiasmus hat aber auch seine Schattenseiten. Mehr Menschen auf Wanderwegen bedeutet nämlich – leider – auch immer mehr Müll. Dabei sollten wir doch Dankbarkeit zeigen. Dankbarkeit für ein kleines bisschen Zuflucht, Freiheit und Frieden in einer Zeit, die von Einschränkungen, Monotonie und vielleicht sogar von Angst geprägt ist.
Auf einmal treibt es die Menschen in die Parkanlagen, Wälder, Naturschutzgebiete. Den Kopf frei kriegen, einmal tief durchatmen, etwas anderes sehen, als die eigenen vier Wände, die seit Monaten zu Homeoffice, Kita und Gym umfunktioniert werden. Auf mich wirkt die Natur zurzeit sehr beruhigend. Die Welt steht Kopf, die Bäume stehen unbeeindruckt genauso da wie immer. Und dann sehe ich die vermüllten Waldwege und frage mich, wie lange diese Bäume da wohl noch Lust drauf haben.
“I’ll keep you safe if you keep me wild.” – Mother Nature
Aber Wandern ist doch nachhaltig. Oder? Im Gegensatz zu anderen Outdooraktivitäten wie Skifahren (dafür müssen zum Beispiel Lifte gebaut werden), ist Wandern ein vergleichsweise “sanfter” Sport mit wenig direkten Auswirkungen auf die Umwelt.
Wer mit Herz und Seele wandert, respektiert die Natur außerdem. Das scheint beinahe so eine Art ungeschriebenes Gesetz zu sein. Korrigiert mich gerne, aber bei meinen Mammutmärschen habe ich niemanden gesehen, der seinen Müll einfach so auf den Boden schmeißt.
Ja, Wandern kann nachhaltig sein. Auf seinen ökologischen Fußabdruck zu achten heißt aber nicht, seinen Abfall im nächsten Mülleimer statt auf dem Waldboden zu entsorgen. Nachhaltig Wandern ist viel mehr als das. Hier kommen meine Tipps für grüne Touren!
1. Alle wollen zurück zur Natur – aber keiner zu Fuß
Zu Fuß gehen ist mit Abstand die nachhaltigste und klimaschonendste Fortbewegungsart. Blöd nur, dass die meisten Wanderungen erst einmal mit einer Autofahrt oder sogar mit einem Flug in die Ferne starten. Klar, die Route soll besonders schön sein, und Abwechslung ist auch nicht verkehrt.
Vielleicht glaubst du auch, deine Umgebung schon wie deine Westentasche zu kennen. Bis man im Umkreis von 30, 40 oder – immerhin befinden sich unter euch bestimmt zahlreiche Mammutmarsch-Finisher – 100 Kilometern alles erkundet und abgewandert hat, dauert es allerdings seine Zeit. Und gerade, wenn die unmittelbare Umgebung auf den ersten Blick wenig reizvoll wirkt, kann eine Wanderung vielleicht nochmal ganz neue Perspektiven eröffnen. Also wozu immer in die Ferne schweifen?
Vielleicht hast du ja auch die Möglichkeit, ein bisschen mehr Zeit einzuplanen, und den Weg zum Ziel zu machen. Gibt es eine Wanderregion, die du mit dem Fahrrad oder Zug erreichen kannst? Perfekt. So bist du deutlich umweltfreundlicher unterwegs als mit dem Auto, kommst aber trotzdem mal raus.
Mein persönlicher Tipp: Du kannst online deinen CO2-Verbrauch berechnen, zum Beispiel mit dem WWF-Klimarechner. Im Anschluss erhältst du Tipps, wie du deinen ökologischen Fußabdruck reduzieren kannst.
Zeit, die du gerne verschwendest, ist keine Zeitverschwendung
Zugegeben, mal eben ins Auto steigen und von A nach B fahren, ist bequem und spart eine Menge Zeit. Aber wäre eine längere Anreise zwangsläufig negativ? Ich finde, das ist eine Frage der Einstellung.
Nachdem ich drei Jahre lang mit dem Zug zwischen Köln und Düsseldorf hin- und hergependelt bin, habe ich mir ein paar Strategien angeeignet, um die Fahrtzeit (oder eher gesagt: die Wartezeit, wenn die Züge mal wieder ausgefallen sind), sinnvoll zu nutzen und am Ende sogar als Bereicherung zu erleben. Nimm ein Buch mit, höre Musik, stimme dich gedanklich auf deine Wanderung ein, kurz: Genieße ein bisschen “Me-time”. 🙂
2. Ausrüstung: Fast Fashion muss nicht sein
Immer mehr Outdoor-Hersteller setzen auf Nachhaltigkeit und produzieren ihre Ware möglichst grün. Das spiegelt sich allerdings auch im Preis wieder. Zeitgleich boomt der Fast Fashion-Markt wie nie zuvor. Die sogenannte “Wegwerfkleidung” ist unglaublich günstig und gar nicht erst darauf ausgelegt, dass sie lange hält. Denn der Kunde soll ja schnell nachkaufen.
Auch, wenn uns niedrige Preise erst einmal positiv auffallen und zum Kauf anregen, sollten wir uns fragen, ob wir am Ende wirklich Geld sparen. Denn wenn wir einmal etwas mehr in eine qualitativ hochwertige und nachhaltige Ausrüstung investieren, haben wir deutlich länger etwas davon, und die Umwelt freut sich gleich mit. Ein weiteres Argument: Viele Outdoor-Hersteller bieten einen 1A-Reparaturservice an. Man muss also nicht direkt alles neu kaufen.
Übrigens: In allen Globetrotter-Filialen gibt es einen Recycling-Service für Kleidung und Schuhe! Was du aussortierst, sollte also nicht in der Tonne landen, sondern kann dort noch verwertet werden.
3. Proviant: Selbermachen ist schön und gut, aber…
Der typische Wanderproviant kommt oft in bunt verpackten Riegeln oder in Form von spezieller Trekkingnahrung daher. Das ist super praktisch, sorgt aber auch für ganz schön viel Verpackungsmüll.
Mein Tipp: Mach deine Snacks selber! In meinem Artikel “Mammut-Snacks? Ab in die Küche” findest du zum Beispiel zwei super einfache Rezepte für Energieriegel und außerdem ein paar gute Gründe, warum sich Selbermachen doppelt und dreifach lohnt.
Was nicht in Plastik verpackt ist, kann natürlich schneller matschen oder auslaufen. Deshalb lohnt es sich, einmal in eine wirklich gute und auslaufdichte Brotdose zu investieren. Ich persönlich bin ein großer Fan von Edelstahlboxen, denn die sind nicht nur leicht, sondern quasi unkaputtbar und somit ein ewiger Begleiter.
Aber auch damit ist es leider noch nicht getan. Denn nachhaltiger Proviant beginnt schon beim Einkauf. Wer sich seine Snacks aus Zutaten zubereitet, die um die halbe Welt geflogen sind, bevor sie in unseren Regalen landen, ist nicht besonders klimafreundlich unterwegs. Viele Produkte sind außerdem in Plastik verpackt. Da kann man sich eine noch so tolle Edelstahlbox besorgen und seine Snacks selbst zubereiten. Verpackungsmüll entsteht ja trotzdem.
In den meisten großen Städten gibt es mittlerweile Unverpackt-Läden. Aber auch in normalen Supermärkten finden sich immer mehr verpackungsfreie Produkte, gerade, was Obst und Gemüse angeht. Und selbst, wenn es bestimmte Lebensmittel nicht unverpackt gibt, hast du trotzdem oft die Wahl: Müssen es zum Beispiel die Kekse sein, die jeweils nochmal einzeln verpackt sind? Und kann die Mango aus Südamerika nicht vielleicht durch einen regionalen Apfel getauscht werden?
“If you don’t act, nature will.”
Wenn wir unseren Proviant selbst zubereiten, fällt beim Wandern in der Regel gar kein Verpackungsmüll an. Aber selbst wenn, dann hat dieser in der Natur natürlich nichts zu suchen. Das versteht sich ja eigentlich von selbst.
Trotzdem entdeckt man immer wieder entsorgte Abfälle, die vermeintlich “natürlich” sind. Mir fallen da auf Anhieb, Taschentücher, Bananen- oder Mandarinenschalen ein. Tatsächlich kann es mehrere Jahre dauern, bis diese Produkte abgebaut sind – ganz zu schweigen von den Pestiziden, die sich oft auf Südfrüchten befinden und die Umwelt enorm belasten können.
4. Plogging: das ultimative Umwelt-Workout
Habt ihr schon mal was von Plogging gehört? Ich persönlich bin wirklich begeistert von diesem schwedischen Trend. Der Begriff setzt sich aus “plocka” (schwedisch für “sammeln”, “aufheben”) und “Jogging” zusammen. Ursprünglich ist Plogging also nicht für Wanderer, sondern für Läufer gedacht.
Das Ganze funktioniert so: Du startest wie immer in deine normale Laufrunde, stattest dich dabei aber mit einer Mülltüte aus und befreist die Strecke mal hier und mal da von Abfällen. Es geht nicht darum, alles aufzusammeln, was dir in den Blick fällt. Das wäre ja kaum möglich. Vielmehr soll Plogging ein “nachhaltiges Workout” sein, das nicht nur deinem Körper, sondern auch der Umwelt gut tut.
Mittlerweile gibt es in vielen Städten Plogging-Communities, die regelmäßig zusammen losziehen. Vielleicht habt ihr auch schon mal vom “3 pieces movement” gehört, eine Challenge, die seit einiger Zeit in sozialen Netzwerken viral geht. Die einfache Regel: Bei jedem Lauf (oder jeder Wanderung) dreimal Müll aufsammeln. Das mag sich nicht nach viel anhören, aber stellt euch mal vor, jeder einzelne Läufer und jeder einzelne Spaziergänger würde mitmachen!
Wichtig ist, den ersten Schritt zu tun. Irgendwo anzufangen. Es ist logisch, dass man nicht von heute auf morgen komplett plastikfrei lebt, das Auto stehen lässt und nur noch regional einkauft. Aber selbst kleine Veränderungen können am Ende einen Unterschied machen. Zumindest möchte ich von ganzem Herzen daran glauben.
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