„What happens if you don’t give up?“ – Sylvias Geschichte über Mut, Rückschläge und den Weg zurück ins Leben

Es gibt Geschichten, die man zweimal liest. Nicht, weil sie kompliziert sind – sondern weil sie so viel Gewicht haben, dass man sie beim ersten Mal kaum fassen kann. Sylvia ist eigentlich jemand, der lieber im Hintergrund bleibt. Eine stille Mitleserin, wie sie selbst sagt.

Und vielleicht macht genau das ihre Worte so besonders. Sie sind ehrlich, ungefiltert und mit dem Wunsch geschrieben, anderen ein kleines bisschen Licht zu schenken. Auf einem Weg, der mehr Stärke verlangt, als viele von uns je aufbringen müssen.

Wie alles anfing: Eine spontane Entscheidung unter der Sommersonne

2022 – Ein glühend heißer Tag in Wiesbaden. Die Weinberge flirren in der Hitze, die Luft steht still und mittendrin stehen Sylvia und ihre Tochter am Startbogen ihres ersten Mammutmarschs. Völlig unvorbereitet. Kein Training, kein Plan, nur eine spontane Idee, die plötzlich real wird. Und dann geht es los. Das Mutter-Tochter-Duo kämpft sich durch die Hitze, lacht an Verpflegungspunkten, stoßt mit Weinschorle an, redet, schweigt, geht weiter. Und als die beiden nach 30 Kilometern ins Ziel kommen, sind sie restlos erschöpft – aber sie platzen vor Stolz. Ein Moment, der größer ist als die Strecke dahinter.

Und dann passiert etwas, womit Sylvia niemals gerechnet hätte: Ihr Finisher-Foto landet in unserem Newsletter. „Da war es um mich geschehen“, schreibt sie später. Fast wie ein kleiner Funke, der etwas Großes entzündet.

Neue Städte, neue Strecken, neue Stärke

Wiesbaden bleibt nicht der einzige Marsch. Es folgen Dortmund, Duisburg, Leipzig – jeder mit anderem Gelände, anderer Stimmung, anderen Herausforderungen. Zwei davon mit 55 Kilometern. Und egal, wie viel Schweiß, Müdigkeit oder Muskelkater sie mit nach Hause nimmt: Die Begeisterung bleibt.

Es ist eine dieser Geschichten, bei denen man spürt, wie sehr jemand an einem Erlebnis wächst, ohne dass es groß erklärt werden muss. Schritt für Schritt. Marsch für Marsch.

2024 sollte ihr Jahr werden. Ein großer Traum: 100 Kilometer in Kopenhagen. Der Moment, in dem viele sagen: „So weit würde ich nie gehen.“ Für Sylvia war es genau andersherum: Das will ich schaffen. Aber manchmal kommt das Leben dazwischen – mit voller Wucht.

Der Moment, der alles stoppt

Mitte 2024 beginnen körperliche Probleme. Erst diffus. Dann stärker. So stark, dass sie ihren 100er in Kopenhagen absagen muss – und weitere Events gleich mit. Ein Rückschlag, der weh tut – nichtsahnend, wie klein dieser Schmerz im Vergleich zu dem sein wird, was noch kommt.

Ein MRT. Nur ein Routinecheck. Doch der Befund trifft sie wie ein Schlag: Eine Raumforderung im Kopf, die sofort operativ aus dem Kleinhirn entfernt werden muss. Und dann wird klar: Sie hat Krebs mit Metastasen im Kopf. Am nächsten Tag muss ihr Kopf nochmal aufgemacht werden, um eine Drainage zu legen. Daraus entwickelt sich eine Wundheilungsstörung, so dass sie über ein halbes Jahr „mit offenem Kopf“ lebt, wie sie selbst schreibt.

Während andere ihren Alltag weiterführen, kämpft Sylvia um ihr Leben. Sie verliert ihre Haare. Sie verliert ihre Kraft. Sie verliert einen Teil ihres alten Lebens – aber niemals sich selbst.

Bestrahlung, Chemo, Immuntherapie – ein Weg voller Hürden

Die nächsten Monate bestehen aus Terminen, die keiner haben will: wochenlange Bestrahlung von Kopf und Lunge, monatelange Chemotherapie, danach Immuntherapie.

Jeder Zyklus fordert Kraft, die kaum noch da ist. Und trotzdem hält sie an einem Ziel fest: „Ich will wieder wandern.“

Nicht, um anderen etwas zu beweisen. Nicht aus Ehrgeiz. Sondern weil sie spüren will, dass ihr Körper noch da ist. Dass er Dinge kann, ohne Schläuche, Geräte oder Hilfsmittel. Dass es einen Teil von ihr gibt, der nicht krank ist, sondern stark. Und als die Chemo endlich vorbei ist, beginnt sie erneut – ganz klein. Ein paar Schritte. Ein paar Minuten. Und dann wächst aus diesen Minuten etwas, das uns allen die Sprache verschlagen hat.

160 Kilometer Freiheit

Im Juli dieses Jahres erfüllt sich Sylvia einen Traum: Sie geht pilgern. Eine Woche. Ganz allein. Sie wandert 160 Kilometer in sieben Tagen durch die Oberlausitz und das Meißner Land. Eine umso bewundernswertere Leistung, wenn man bedenkt, was sie gerade erst durchgemacht hat.

Ein Weg, auf dem es nicht darum geht, besonders schnell zu sein. Sondern darum, wieder bei sich selbst anzukommen. Wälder, Wiesen, Stille. „War das schön“, schreibt sie. Ein kurzer Satz, der so viel erzählt. Ein Satz voller Leben – und voller Hoffnung.

Der nächste Rückschlag – und trotzdem geht sie weiter

Gerade, als sie wieder Kraft spürt, zeigt das nächste MRT neue Metastasen. Wieder ein Schlag. Wieder eine Wand, durch die andere nicht mehr hindurchgehen würden. Doch dann entdeckt sie zufällig eines unserer T-Shirts, auf denen groß steht: „What happens if you don’t give up?“

Sie bestellt eines. Nicht als Fanartikel. Sondern als Versprechen.
An sich selbst.
An ihren Weg.
An alles, was noch kommen darf.
„Ich habe vor, das herauszufinden“, schreibt sie.

Ein Satz, der leise klingt – und gleichzeitig kraftvoller ist als jedes motivierende Zitat, das man irgendwo lesen kann.

Was bleibt, ist Bewunderung

Sylvia bedankt sich bei uns für die Events, für die Organisation, für den Spirit. Aber eigentlich sind wir diejenigen, die dankbar sind.

Für ihre Offenheit.
Für ihren Mut.
Für ihre Worte.
Für ihren Weg, den sie mit uns geteilt hat, obwohl er so persönlich ist.

Und vor allem dafür, dass sie uns daran erinnert, was Menschen aushalten, überwinden, schaffen können – auch dann, wenn die Welt gerade über ihnen zusammenbricht.

Sie weiß nicht, wie viele Märsche sie noch gehen kann.
Sie weiß nicht, wie viel Kraft ihr der nächste Zyklus nimmt.
Sie weiß nicht, wohin dieser Weg sie noch führt.

Aber sie weiß eines: 

Sie gibt nicht auf.

Und dieser Satz trägt weiter als jeder Kilometer.

Zum Schluss möchten wir dir, liebe Sylvia, einfach eines sagen:

Wir denken an dich. Wir wünschen dir Kraft, gute Tage zwischen all den schweren – und von Herzen, dass diese zweite Behandlungsrunde dir den Weg zurück in ein leichteres Leben öffnet.

Und wenn du wieder bereit bist, egal ob für ein paar Kilometer oder einen ganzen Marsch:
Die Mammutherde wartet auf dich.

Gesund, gestärkt und mit all dem Mut, den du schon so oft bewiesen hast.

Wir freuen uns auf den Tag, an dem wir dich wieder an einem unserer Startbögen begrüßen dürfen. 🦣💛

Alles Liebe,

Valeska & das ganze Mammutmarsch-Team

 

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