Blackbelt – so holt ihr euch den Schwarzgurt

“Jeder fängt mal klein an” und “es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen”.

Diese schlauen Sätze kennen wir alle, wollen sie aber – wenn sie uns selbst betreffen – eigentlich meistens gar nicht hören. Mal ehrlich, wenn wir das Gefühl haben unseren eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden oder mit Rückschlägen kämpfen müssen, neigen wir doch irgendwie alle dazu, uns mit anderen Menschen, die herausragende Leistungen erbracht haben oder besondere Fähigkeiten besitzen, die wir selbst gern hätten, zu vergleichen. Das kann frustrierend sein, weil wir uns damit selbst unter Druck setzen und den Eindruck bekommen, nicht genug zu sein oder zu geben.

Was wir dabei aber vergessen oder in den meisten Fällen einfach nie erfahren, ist, wie es diesen Meistern wohl erging, als sie selbst einmal klein anfingen.

Deshalb wollen wir euch heute unsere beiden Meister des Extremwanderns einmal ganz genau vorstellen und ihre persönlichen Mammutmarsch-Erfahrungen inklusive aller Höhen und Tiefen mit euch teilen. Wir verraten euch die wichtigsten Lektionen und Erkenntnisse der beiden und nehmen euch mit zu ihren dunkelsten Momenten.

Am 29.02.2020 wurde beim Mammutmarsch in Hamburg Geschichte geschrieben – Ralf-Volker Schmidt (über 60, sagt er) und Frank Seiler (38) können als erste Mammutmarsch-Teilnehmer insgesamt 1.000 km in ihren Trophäenbüchern verbuchen und erwandern sich damit den begehrten Schwarzgurt.

Kleiner Exkurs, für alle die unser Trophäenbuch noch nicht kennen:

Wir sind der Meinung, dass außergewöhnliche Leistungen belohnt werden müssen. Deswegen erhaltet ihr bei uns für jeden Kilometer, den ihr wandert, einen Mammutmarsch-Stempel. Auf- oder abgerundet auf den nächsten vollen Zehner. Als Belohnung gibt es ab einer bestimmten Kilometeranzahl dann verschiedene Aufnäher, Rabatte oder sogar einen Freistart.

Aber nun zurück zu unserem eigentlichen Thema…

Wenn es um Extremsport oder außergewöhnliche Aktivitäten geht, beschäftigt uns immer die Frage nach dem: „Warum“. 30, 55, 100 Kilometer wandern. Warum macht man sowas? Das ist schon ziemlich verrückt, oder? Diese oder ähnliche Fragen habt ihr sicher auch schon mindestens einmal gehört, wenn ihr euren Familien, Freunden oder Bekannten erzählt habt, dass ihr bei einem Mammutmarsch mitwandert.

Die Antworten auf diese Fragen sind so vielseitig und spannend, wie die Hintergründe und Geschichten eines jeden verrückten* Menschen.
(*Anm. d. Redaktion: verrückt ist beim Mammutmarsch durch und durch positiv gemeint :D)

Als ich selbst ein aktiver Teil der Wanderrevolution wurde und beim Little Mammut Rhein-Main in Wiesbaden an den Start ging, wollte ich einfach nur wissen, ob ich es kann. Ich hatte schon so viele emotionale Erfahrungsberichte gehört und gelesen, dass mir schnell klar wurde: sowas muss man selbst erleben!

Nun, es war – und das nicht nur metaphorisch gesprochen – ein auf und ab. Ich war nicht besonders gut vorbereitet und auch meine Ausrüstung war alles andere als perfekt, aber als ich vollkommen überwältigt und den Tränen nahe nach 55 Kilometern und über 12 Stunden das Ziel erreicht hatte, wusste ich: darum macht man sowas!

Unsere Blackbelts, Ralf-Volker und Frank, sind natürlich in gewisser Weise „Wander-Experten“ und kennen das Gefühl „Es geschafft zu haben“ bereits ziemlich gut. Daher habe ich mit den beiden, uns natürlich nicht ganz unbekannten Stamm-Mammuts, über ihre persönliche Mammutmarsch-Geschichte gesprochen und einmal genauer nachgefragt, wie man die 1.000 Kilometer knackt und welche Tipps und Ratschläge sie zukünftigen Schwarzgurt-Anwärtern mit auf den Weg geben würden. Die Frage: „Warum macht man sowas?“ durfte dabei natürlich auch nicht fehlen – für die beiden allerdings in der etwas abgewandelten Variante: „Warum macht man sowas (mindestens) zehn Mal?“

Warum Wandern? Warum extrem?

Ralf-Volker und Frank haben beide „das Wandern“ bei der Bundeswehr für sich entdeckt. Schnell wurden die Distanzen größer und die Strecken anspruchsvoller. Der Ehrgeiz war geweckt.

„Wandern ist meine Sportart“ (Frank Seiler)

2003 meisterte Frank schließlich seinen ersten 100-Kilometer-Marsch. Auf die Frage, was er am Wandern am meisten liebt, antwortet er ganz trocken: „Die frische Luft“.

Ralf-Volkers erster 100er liegt bereits 40 Jahre zurück. Seitdem integriert er das Wandern, das er als seine große Leidenschaft bezeichnet, in seinen Alltag und zieht jede Woche – auch mal allein und bei Wind und Wetter – zu Fuß los.

„Wandern ist mein Ausgleich. Bis der Kopf wieder frei ist.“ (Ralf-Volker Schmidt)

Die ersten Mammutmärsche

Trotz aller Extremwander-Erfahrung mussten sowohl Ralf-Volker als auch Frank bei ihren ersten Mammutmärschen ordentlich kämpfen und lernen mit so einigen Rückschlägen umzugehen. Das Thema „Scheitern“ oder zumindest das Gefühl gescheitert zu sein, ist den beiden also nicht ganz unbekannt.

Auch für Schwarzgurte bleiben 100 Kilometer eben 100 Kilometer. Irgendwie beruhigend.

Ralf-Volker musste seinen ersten Mammutmarsch in Berlin 2014 abbrechen. Umso ehrgeiziger ging er ein Jahr später erneut an den Start. Auch da lief leider – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht alles reibungslos. Ab Kilometer 40 konnte er „das Schuhproblem“, wie er es nannte, nicht länger ignorieren. Die Folgen: Unzählige Blasen, schmerzende Füße.

„Es gab für mich kein Aufgeben.“ (Ralf-Volker Schmidt)

Ralf-Volker wollte es diesmal unbedingt schaffen, ein weiterer Abbruch war für ihn keine Option. Und so schaltete er seinen Kopf aus und marschierte trotz aller Schmerzen über die Ziellinie. Seitdem ist er jedes Jahr dabei und zählt zu unseren Stamm-Mammuts.

Auch bei Frank lief am Anfang nicht alles rund: 2018 war für ihn tatsächlich gleich bei drei (!) Mammutmärschen frühzeitig Schluss. In Berlin bei Kilometer 78, in München bei Kilometer 68 und in Wuppertal bei Kilometer 80. Es war wohl größtenteils Kopfsache und wenn der so gar nicht mehr will, wird’s schwer.

Woher er die Motivation genommen hat es immer wieder und immer wieder zu versuchen, weiß er selbst nicht so genau. Er ist ehrgeizig, lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Und er geht selbstbewusst in jeden Marsch.

„Ich wusste ja, dass ich es eigentlich kann.“ (Frank Seiler)

2019 in Berlin hat er es sich selbst dann noch einmal bewiesen und bewältigte seinen ersten 100er beim Mammutmarsch. Seitdem ist er nicht mehr aufzuhalten. Unglaublich, dass er sich nicht einmal ein Jahr später bereits den Schwarzgurt erwandert.

Tipps und Tricks von den Profis

Frank startet am Liebsten allein und geht sein eigenes Tempo. Unterhaltung hat er, wenn ihm danach ist, mit anderen Teilnehmern genug auf der Strecke, das reicht ihm völlig aus.

Ganz anders als Ralf-Volker, der immer mit seinem Wanderbuddy loszieht und im besten Falle auch finished. Das gegenseitige Motivieren treibt ihn an und hilft enorm, wenn man an seinen persönlichen Tiefpunkt kommt. Und der kommt bei 100 Kilometern definitiv irgendwann – da sind sich die beiden einig.

Ein ganz wichtiger Punkt ist für beide die richtige Ausrüstung. Vor allem Schuhe und Socken müssen passen und sitzen. Ralf-Volker empfiehlt außerdem unbedingt vorher zu trainieren. Dafür eigenen sich natürlich auch Mammutmärsche mit kürzeren Distanzen.

„Jede Strecke ist unterschiedlich. Jeder Tag ist anders“ (Frank Seiler)

Frank geht auch mal so ganz ohne Training an den Start. Es hängt seiner Meinung nach auch vieles von der eigenen Tagesform und manchmal auch von Dingen ab, die wir eben nicht beeinflussen können, wie beispielsweise der “richtigen” Verpflegung, dem Wetter oder Klima. Er versucht seine Pausenzeiten so kurz wie möglich zu halten und fokussiert zu bleiben, wenn mal nicht alles nach Plan läuft.

Mammutmärsche haben Suchtfaktor. Und weil jeder Marsch eben unterschiedlich ist und jede Strecke eine neue Herausforderung darstellt, treibt die beiden vor allem die Frage an, ob sie die 100 Kilometer auch in anderen Städten und Ländern und unter vollkommen anderen Bedingungen, immer und immer wieder schaffen können.

„Wenn jemand sagt ich sei verrückt ist meine Antwort ganz klar: ja, das bin ich!“ (Ralf Volker Schmidt)

Fazit

Ralf-Volker und Frank haben beide durch die Bundeswehr „das Extremwandern“ als Sport kennen und lieben gelernt. Beide hatten bei ihren ersten Mammutmärschen durchaus Probleme, haben es aber letzten Endes geschafft, aufzustehen, sich zu motivieren und es wieder zu versuchen. Das unbeschreibliche Gefühl im Ziel ist für sie dabei die größte Belohnung und alle Anstrengung wert.
Wie man sich den Schwarzgurt holt? Dafür gibt es wohl kein Geheimrezept.

Was man aber braucht, um eine solche Leistung zu erzielen, ist vor allem die richtige, individuell ausgewählte Ausrüstung, ganz viel Ehrgeiz, Durchhaltevermögen und den eisernen Willen, sich immer wieder selbst herauszufordern.

Am Ende möchte ich den beiden Schwarzgurten noch einmal herzlich und ganz offiziell zu ihrer herausragenden Leistung gratulieren! Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt, mit uns eure Erfahrungen zu teilen.

Wir sind gespannt wer von euch sich als nächstes die 1.000 Kilometer knackt!

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